52 Wochen lang war die Agenda des Eintracht Frankfurt Museums voll mit Terminen. Weil ein Jahresrückblick 2011 zu lang wäre, entschied sich Matthias Thoma für einen Rückblick der besonderen Art...
Die Nacht der Museen gehört zu den Highlights im städtischen Terminkalender. Fast 40 Frankfurter Museen (und auch zwei Offenbacher) beteiligen sich an dem jährlichen Event, der in der Regel Ende April/Anfang Mai startet. So ein großes Fest braucht eine gute Organisation und deswegen beginnen die Planungen für die Nacht der Museen schon mehr als ein halbes Jahr vor dem Event. So auch für die Nacht der Museen 2011, die wir seit Ende 2010 vorbereitet haben. Eine Besonderheit galt es zu beachten: Zum vierten Mal nahm das Eintracht Frankfurt Museum an der „NDM“ teil, zum ersten Mal stand am gleichen Tag ein Heimspiel der Eintracht an. Na ja, Saisonfinale gegen Köln, da wird ein wenig gefeiert werden und dann ziehen die Fans ab in die Stadt und wir können um 19.30 Uhr mit der Nacht der Museen starten… Dachten wir Ende 2010. Und organisierten ein Programm, dass sich ganz eng an der aktuellen Mannschaft orientiert. Schließlich spielte die die beste Hinrunde seit Generationen. Geplant wurden Autogrammstunden, Besuche von Funktionären, Henni Nachtsheim, Mario`s Heimspielanalyse, die Vertonung des Übersteigers, ein DJ, Stadionführungen und viel gute Laune. Ja, ja, so war es geplant.Im Februar gibt man das endgültige Programm ab, dass dann in den hübschen Din-A6-Heftchen in der ganzen Stadt gestreut wird. Zum Abgabetermin hatten wir erstmals ein flaues Gefühl im Magen, hatte die Eintracht die Rückrunde doch nicht so erfolgreich begonnen, wie die Hinrunde geendet hatte. Die Aussage „Nicht so erfolgreich“ scheint ein wenig übertrieben, grottenschlecht war das Gekicke der Adlerträger. Doch noch betrafen die Bedenken eher die allgemeine Stimmung rund um das Stadion, nicht irgendwelche bundesligaexistentiellen Probleme. Als das Heft Anfang April ausgeliefert wurde und wir es in den Händen hielten, war die Anspannung schon größer. „Wir müssen ein dreckiges Tor machen, dann platzt der Knoten“, war die allgemeine Meinung. Aber mittlerweile hatte die Eintracht auf Schalke aus 70 Metern ein „dreckiges Tor“ gemacht, und was war passiert? Der Knoten trotzdem nicht geplatzt. Überall in Frankfurt fand man die tollen Ankündigungen für die Nacht der Museen, die auch im Stadion mit einem „matchworn-Stadion“ stattfinden sollte. Und unsere Fußballer taumelten. Die Stimmung bei Spielen wurde schlechter und drei Wochen vor dem großen Fest haben wir uns entschieden, auf die Autogrammstunden zu verzichten. Nachdem man so eine gute Ausgangslage verspielt hatte (Tabellenplatz 7, SIEEBEN), fanden wir, dass Autogrammstunden angesichts eines schlechten Mittelfeldplatzes nicht passend wären. Aber es kam noch schlimmer. Nach der Niederlage in Mainz war klar, dass das Spiel gegen Köln die Entscheidung über Wohl und Wehe unserer Eintracht bringen würde. Die eh schon als „Risikospiel“ angesehene Partie wurde zum „Hochrisikospiel“ und das erwartete hunderte Museumsbesucher nach der Partie auf tausende schlechtgelaunter Stadionbesucher treffen würden, machten die Verantwortlichen nicht entspannter.Trotzdem gingen wir optimistisch in die Partie gegen die Geisböcke, für die Nacht der Museen war alles vorbereitet. Gute Laune hatte zwar keiner, aber so eine Nacht kriegt man schon rum. Und dann kam das befürchtete sportliche Debakel. Mit der Niederlage war die Eintracht quasi abgestiegen, einige Fans stürmten auf den Rasen und wirklich alle Anwesenden waren fassungslos ob der unglaublichen Talfahrt der Rückrunde. Das Team des Museums hatte allerdings nicht viel Zeit zum trauern, denn bereits zu Spielende waren die ersten Künstler im Museum angekommen. Eine provisorische Garderobe musste eingerichtet werden, außerdem standen wir in stetem Kontakt zu den Organisatoren der Nacht der Museen und den Sicherheitsbeauftragten der Eintracht. Der Platzsturm hatte zur Folge, dass unglaublich viel Polizei auf dem Gelände unterwegs war und die Medien überall exklusiv über die Ausschreitungen im Stadion berichteten. So klingelte das Telefon im Museum im Minutentakt: „Können wir die Pendelbusse ins Stadion schicken, was ist denn da los. Ist die Sicherheit gewährleistet?“, fragte das Orga-Team der NDM immer wieder. Die Polizei gab zunächst keine Freigabe und so kam es, dass Mitarbeiter und Künstler im Museum ratlos verweilten und für ca. 30 Minuten die Absage des Events im Raum stand. Erst gegen 19 Uhr gaben die Verantwortlichen für die Sicherheit grünes Licht. Daraufhin trafen sich die Mitarbeiter zu einer mittlerweile legendären kurzen Besprechung in der Stadionkapelle und pünktlich um 19.30 Uhr startete im Eintracht Frankfurt Museum die Nacht der Museen. Das freundliche Auftreten fiel schwer, gelang aber. Die gute Laune gab es nicht, das war aber verständlich. Zahlreiche Künstler und DJ`s sagten uns kurzfristig ab, so dass an dem Abend nur ein Notprogramm stattfand. Und der erhoffte Besucheransturm, mit dem wir nach der Rückrunde eh nicht mehr gerechnet hatten, blieb aus. Gerade einmal ein Viertel der sonst üblichen Besucher kamen zum Stadion gefahren. Und trotzdem war es gut, dass wir auch 2011 und trotz Abstiegs an der Nacht der Museen teilgenommen haben.Wir haben uns nicht unterkriegen lassen: Nicht von der sportlichen Katastrophe. Und auch nicht von hunderten Platzflitzern. Am Ende waren wir der Ort des ersten Aufarbeitens des Abstiegs. Und es wurde zeitweise schallend gelacht: Mario`s Heimspielanalyse war großartig, obwohl die Jungs auch große Eintrachtler sind und nach Abpfiff schwer betröppelt geschaut haben. Auch der Aufrtitt von Peter Fischer, der spät abends kam, hat für leichten Optimismus gesorgt. Und gegen Mitternacht, als Jan-Aage Fjortoft auf dem Bildschirm den Übersteiger zelebrierte und das Künstler-Duo SanSiro dazu „You ll never walk alone“ sang, standen bestimmt 20 an diesem Abend ruhe- und heimatlose Mitarbeiter der Eintracht im Museum. Und tranken sich den Frust von der Seele.03.01.2012